Was ist eine Vorsorgevollmacht? Gilt die Vorsorgevollmacht auch über meinen Tod hinaus?

Durch Unfall, Krankheit oder hohes Alter können Situationen eintreten, in denen Menschen nicht mehr selbst über ihre Angelegenheiten entscheiden können. Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie eine Person, die bei Handlungsunfähigkeit rechtliche und persönliche Entscheidungen für Sie trifft. Man unterscheidet zwischen einer normalen Vorsorgevollmacht sowie einer transmortalen Vollmacht. Letztere Vorsorgevollmacht gilt auch über den Tod hinaus.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Mit einer Vorsorgevollmacht wird eine andere Person ermächtigt, Ihre Geschäfte, Personensorge und sonstige Angelegenheiten in Ihrem Sinne zu regeln, wenn Sie diese Entscheidungen nicht mehr selbst treffen können.
  • Bei einer Vorsorgevollmacht handelt es sich um einen privatrechtlichen Vertrag.
  • Die rechtliche Grundlage für eine Vorsorgevollmacht findet sich in § 1896 Abs. 2, S. 2 BGB.
  • Eine Vorsorgevollmacht bezieht sich auf die medizinische Versorgung. Meine Generalvollmacht betrifft umfassende Entscheidungen.
  • Eine „normale Vollmacht“ erlischt mit dem Tode des Vollmachtgebers. Eine „transmortale Vollmacht“ gilt sowohl während Lebzeiten als auch über den Tod hinaus.
  • Formvorschriften: Eine Vollmacht kann theoretisch auch mündlich erteilt werden, die Schriftform ist jedoch sicherer.
  • Notarielle Vorsorgevollmacht: Nur in Ausnahmefällen, wie der Generalvollmacht, muss diese notariell ausgefertigt werden.

Jeden Tag treffen volljährige, geschäftsfähige Personen eine Vielzahl an rechtlich relevanten Entscheidungen in ganz unterschiedlichen Lebensbereichen. Dies betrifft Gesundheitsfragen ebenso wie Einkäufe aber auch die Wahl des Wohnortes. Durch einen Unfall, eine Erkrankung oder im Alter können Situationen eintreten, in denen Menschen nicht mehr selbst diese Entscheidungen treffen können. Dann muss eine andere Person diese Entscheidung für den Betroffenen fällen. Im Bürgerlichen Gesetzbuch, in § 1896 BGB ist geregelt, dass in solchen Fällen von Amts wegen ein Betreuer bestellt wird. Hierbei handelt es sich in der Regel um eine fremde Person, die den Betroffenen nicht kennt. Wer dies vermeiden möchte, hat die Möglichkeit, vor dem Eintritt eines solchen Falles eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. Mit dieser Erklärung gibt der Vollmachtgeber einer anderen Person das Recht, im Fall einer Entscheidungs- oder Handlungsunfähigkeit bestimmte Angelegenheiten eigenverantwortlich für den Vollmachtgeber zu regeln.

Vorsorgevollmacht: Wer braucht eine Vorsorgevollmacht?

Themen wie die Vorsorgevollmacht werden häufig mit einem hohen Alter in Verbindung gebracht. Allerdings können Situationen, in denen Menschen ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können, auch in anderen Lebensphasen eintreten. Unfälle, plötzliche Erkrankungen oder Komplikationen bei einer Operation können dazu führen, dass auch junge Menschen wichtige Entscheidungen nicht mehr treffen können oder dürfen. Beispiele sind:

  • Eine Person liegt im Koma und kann die Miete oder andere Rechnungen nicht mehr bezahlen.
  • Nach einem Schlaganfall oder einer schweren Kopfverletzung kann eine Person nicht mehr selbst darüber entscheiden, ob eine Operation durchgeführt werden soll.

Viele Menschen denken, dass in einem solchen Fall die nächsten Angehörigen Entscheidungen gegenüber Ärzten treffen und über ihre Konten bei Banken verfügen dürfen. Bei Minderjährigen ist dies der Fall, anders sieht dies bei Volljährigen aus. Wie der eingangs bereits erwähnte § 1896 BGB besagt, ist dies jedoch gerade nur dann der Fall, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits eine Bevollmächtigung vorliegt. Liegt keine Bevollmächtigung vor, muss von Amts wegen ein:e Betreuer:in eingesetzt werden, der:die die Angelegenheiten für den:die Betroffene regelt.

Notvertretungsrecht für Eheleute und Lebenspartnerschaften

Im Jahr 2023 wurde ein sogenanntes Not-Vertretungsrecht in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen (§ 1358 BGB). Dieses gilt für Eheleute sowie Lebenspartner:innen eingetragener Lebenspartnerschaften. Die gesetzliche Regelung ermöglicht es, in medizinischen Notfällen füreinander zu handeln, wenn eine Person nicht mehr selbst entscheidungsfähig ist. Dies umfasst Entscheidungen über Untersuchungen, Behandlungen und Krankenhausaufenthalte, allerdings keine Vermögensangelegenheiten. Das Notvertretungsrecht gilt nur für maximal sechs Monate und erfordert keine vorherige Vorsorgevollmacht. Daher bleiben Vorsorgevollmachten wichtig, da sie umfassendere Regelungen ermöglichen und über Gesundheitsfragen hinausgehen und zudem nicht automatisch auf sechs Monate begrenzt sind.

Sonderfall: Personen, die keine Vertrauensperson haben

Menschen ohne Vertrauensperson für eine Vorsorgevollmacht haben verschiedene Möglichkeiten, ihre Angelegenheiten zu regeln. Eine Option ist die Erstellung einer Betreuungsverfügung. Darin können sie festlegen, wer im Falle der eigenen Entscheidungsunfähigkeit vom Gericht als Betreuer:in bestellt werden soll – oder auch Personen ausschließen. Alternativ können sie staatliche Betreuungsstellen oder Vereine kontaktieren, die professionelle Betreuer:innen vermitteln. Solche Betreuer:innen werden vom Gericht bestellt und handeln im Interesse der betroffenen Person. Wichtig ist, die eigenen Wünsche und Vorstellungen schriftlich festzulegen, damit diese im Ernstfall berücksichtigt werden. Eine notarielle Beglaubigung kann die rechtliche Verbindlichkeit dieser Verfügungen zusätzlich stärken.

Überblick: Welche Arten von Vorsorgevollmachten gibt es?

Bei dem Begriff Vorsorgevollmacht handelt es sich um einen Oberbegriff. Denn es gibt nicht die eine Vorsorgevollmachten, sondern zahlreiche unterschiedliche Arten der individuellen Ausgestaltung. Dies betrifft insbesondere folgende Aspekte:

  • Anzahl der Personen, die bevollmächtigt werden
  • Inhaltlicher Umfang der Vollmachtgeber
  • Zeitliche Dauer der Vollmacht

Für alle Arten der Vorsorgevollmacht gilt jedoch, dass es einige Bereiche gibt, die nicht durch die bevollmächtigte Person geregelt werden können. Hierzu zählen folgende Punkte:

  • Testamentserrichtung: Eine Vollmacht kann keine testamentarischen Verfügungen ersetzen oder ändern. 
  • Eheschließung oder Scheidung: Persönliche Entscheidungen wie Heirat oder Scheidung können nicht durch eine:n Bevollmächtigte:n getroffen werden. 
  • Einwilligung in hochpersönliche medizinische Eingriffe: Einige Eingriffe, z. B. bei Sterilisation, sind nur in Ausnahmefällen durch Bevollmächtigte möglich. 
  • Nachlassverwaltung: Die Vollmacht endet mit dem Tod des:der Vollmachtgebers:Vollmachtsgeberin, außer sie regelt explizit Aufgaben nach dem Tod (z. B. Beerdigung) oder es wurde eine transmortale Vollmacht erstellt. 
  • Strafrechtliche Verantwortung: Kein:e Bevollmächtigte:r kann strafrechtliche Entscheidungen oder Handlungen für den:die Vollmachtgeber:in übernehmen. 
  • Grundbuch- und Immobilienangelegenheiten ohne notarielle Beurkundung: Solche Vollmachten sind nur wirksam, wenn sie notariell beglaubigt wurden.

Umfang der Bevollmächtigung

Der Umfang einer Vorsorgevollmacht kann individuell festgelegt werden und umfasst alle Bereiche, in denen der:die Bevollmächtigte handeln soll. Häufig regelt sie Angelegenheiten wie

  • Gesundheitsfragen (z. B. Zustimmung zu medizinischen Maßnahmen),
  • Vermögensverwaltung,
  • Behördenkontakte und
  • Wohnungsangelegenheiten.

Eine Vollmacht, die sich auf alle Angelegenheiten einer Person bezieht, die durch eine Vollmacht geregelt werden können, wird als Generalvollmacht bezeichnet.

Es ist wichtig, die Vollmacht so konkret wie möglich zu formulieren, um Missverständnisse zu vermeiden. Eine Vorsorgevollmacht kann umfassend sein oder sich auf einzelne Bereiche beschränken, je nach Vertrauen und Bedürfnissen des:der Vollmachtgebers:Vollmachtgeberin. Je nachdem, welche Bereich durch die Vollmacht geregelt werden sollen, sind bestimmte Formerfordernisse (siehe unten) zu beachten.

Dauer der Bevollmächtigung

Grundsätzlich gilt eine Vorsorgevollmacht ab dem Moment, in dem der:die Vollmachtgeber:in seine:ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann und endet mit dem Tode. Allerdings ist es möglich, die Dauer einer Bevollmächtigung individuell auszugestalten:

  • „Normale Vollmacht“: Beginnt, sobald der:die Vollmachtgeber:in Entscheidungen nicht mehr selbst treffen kann und endet mit dem Tod
  • Transmortale Vollmacht: Diese beginnt zu Lebzeiten (wie normale Vollmacht) und wirkt über den Tod hinaus.
  • Postmortale Vollmacht: Diese Vollmacht wird erst mit dem Tod des:der Vollmachtgebers:Vollmachtgeberin wirksam.

Hinweis: Eine Vollmacht über den Tod hinaus ermöglicht es dem:der Bevollmächtigten, auch nach dem Tod des:der Vollmachtgebers:Vollmachtgeberin wichtige Angelegenheiten zu regeln. Dazu gehören etwa die Organisation der Beerdigung, Kündigung von Verträgen oder die Verwaltung von Konten, bis die Erbenden den Nachlass übernehmen. Ohne eine solche Regelung könnten Verzögerungen entstehen.

Anzahl der bevollmächtigten Personen

In einer Vorsorgevollmacht können eine oder mehrere Personen benannt werden. Es ist möglich, verschiedene Personen für unterschiedliche Aufgaben einzusetzen, etwa eine für Vermögensangelegenheiten und eine andere für Gesundheitsfragen. Bei mehreren Bevollmächtigten können Kontrollmechanismen eingebaut werden, etwa durch die Anordnung, dass bestimmte Entscheidungen nur gemeinsam getroffen werden dürfen. Dies kann das Risiko von Missbrauch reduzieren, erfordert aber klare Regelungen, um Konflikte zu vermeiden. Alternativ kann eine Hauptperson benannt werden, während die anderen nur als Ersatz agieren. Wichtig ist, dass die Aufgabenverteilung schriftlich festgelegt wird, um Missverständnisse zu vermeiden und eine reibungslose Vertretung sicherzustellen.

Formalia: Wie wird eine Vorsorgevollmacht erstellt?

Grundsätzlich kann eine Vorsorgevollmacht mündlich, schriftlich oder notariell erstellt werden. Die schriftliche Form ist dringend zu empfehlen, da sie rechtssicherer ist, als die mündliche Bevollmächtigung. Für Grundbuch- oder Immobiliengeschäfte ist eine notarielle Beurkundung erforderlich. Die Vollmacht sollte konkret formuliert sein und alle wichtigen Bereiche wie Gesundheit und Vermögen klar regeln. Manche Banken fordern zudem, dass für eine Bevollmächtigung die bankeigenen Formulare verwendet werden.

Anforderungen an den Vollmachtgeber

Jeder volljährige, geschäftsfähige Mensch kann eine Vorsorgevollmacht erstellen. Voraussetzung ist, dass der:die Vollmachtgeber:in im Zeitpunkt der Erstellung der Vollmacht geistig gesund und in der Lage ist, seine Entscheidungen selbstständig zu treffen. Die Geschäftsfähigkeit eines Vollmachtgebers kann durch eine:n Arzt:Ärztin oder Psychologen:in bestätigt werden, insbesondere wenn Zweifel an seiner geistigen Gesundheit bestehen. In einigen Fällen kann auch das Betreuungsgericht die Geschäftsfähigkeit prüfen und feststellen. Diese Bestätigung ist erforderlich, wenn die Geschäftsfähigkeit angezweifelt wird. In den meisten Fällen genügt für die Feststellung der Geschäftsfähigkeit, wenn eine Vorsorgevollmacht durch eine:n Notar:in ausgefertigt wird.

Formerfordernisse

Für eine Vorsorgevollmacht sind keine besonderen Formerfordernisse vorgesehen, solange es sich um allgemeine Angelegenheiten handelt. Grundsätzlich kann diese mündlich erteilt werden. Hier ist es jedoch sehr schwer für den:die Bevollmächtigte:n zu beweisen, dass und in welchem Umfang die Vorsorgevollmacht gilt. Es ist daher dringend anzuraten, eine Vorsorgevollmacht schriftlich zu verfassen. Es gibt unterschiedliche Formen der schriftlichen Vorsorgevollmacht:

  • Normale schriftliche Vorsorgevollmacht* Eine gewöhnliche, eigenhändig unterschriebene Vollmacht, die es einer Person erlaubt, im Falle der Entscheidungsunfähigkeit des Vollmachtgebers für ihn zu handeln.
  • -Öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht: Eine Vollmacht, bei der die Unterschrift des Vollmachtgebers von einer öffentlichen Stelle (z. B. einem Amtsgericht) bestätigt wird, jedoch keine notarielle Beurkundung erfolgt. Die entstehenden Kosten sind sehr gering.
  • Notarielle Vorsorgevollmacht: Eine Vollmacht, die von einem Notar beurkundet wird und dadurch zusätzliche rechtliche Sicherheit und Beweiskraft erhält, insbesondere bei komplexen Rechtsgeschäften wie Immobilienangelegenheiten. Die Kosten sollten im Vorfeld abgeklärt werden.

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