Das Wichtigste in Kürze:
- Nachweis der Erbendenstellung (§ 2353 BGB): Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, um die Erbendenstellung gegenüber Dritten, wie Banken oder Behörden, nachzuweisen.
- Alternativen zum Erbschein: Die Erbendenstellung kann in der Regel auch durch eine über den Tod hinaus wirkende Vollmacht des/der Erblassenden, ein eröffnetes Testament, ein Testamentsvollstreckungszeugnis oder ein/einen notariell beurkundetes Testament / Erbvertrag nachgewiesen werden.
- Die Erbendenstellung muss beispielsweise nachgewiesen werden, wenn Angehörige auf das Konto des/der Verstorbenen zugreifen oder Verträge kündigen müssen.
- Erbschein trotz Testament: In manchen Fällen ist ein Erbschein erforderlich, auch wenn ein (handschriftliches) Testament vorliegt. Dies gilt etwa für Grundbuchänderungen.
- Die Beantragung eines Erbscheins ist mit Aufwand und Kosten verbunden.
- Es gibt unterschiedliche Arten von Erbscheinen, vor allem: Alleinerbschein (§2353 Alt. 1 BGB), gemeinschaftlicher Erbschein (§ 352a FamFG), Teilerbschein (§ 2353 Alt. 2 BGB) und Gläubiger-Erbschein (§792 ZPO)
Im Todesfall müssen Angehörige viele bürokratische Angelegenheiten regeln: die Beerdigung organisieren und bezahlen, den Mietvertrag kündigen oder offene Rechnungen begleichen. Um Verträge zu kündigen oder Zugriff auf das Konto des/der Erblassenden zu haben, benötigen die Angehörigen einen Nachweis, dass sie hierzu legitimiert sind. Ein Erbschein stellt ein amtliches Dokument dar, das Angehörige mit ihrer Ebendenstellung ausweist. Ein Erbschein wird vom zuständigen Nachlassgericht ausgestellt. Die Ausstellung eines Erbscheins erfolgt jedoch nur auf Antrag. Diesem sind zahlreiche Dokumente beizufügen und die Beantragung ist mit Kosten verbunden.
Hintergrund: Was ist ein Erbschein?
Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das die Erbendenstellung sowie den Umfang der Erbberechtigung einer Person nachweist. Er wird vom Nachlassgericht gemäß § 2353 BGB auf Antrag ausgestellt und dient als Beweismittel gegenüber Dritten. Also insbesondere Banken, Grundbuchämtern oder Behörden. Der Erbschein enthält Angaben zu den Erbenden, dem Erbteil sowie eventuellen Beschränkungen, etwa bei einer Vor- und Nacherbschaft (§§ 2100 ff. BGB). Ein Erbschein ist jedoch nicht nötig, wenn ein öffentliches Testament oder Erbvertrag vorliegt, da diese Dokumente die Erbendenstellung bereits nachweisen.
Wann benötigen Erbende einen Erbschein?
Auch wenn grundsätzlich ein handschriftliches, eröffnetes Testament als Nachweis für die Erbendenstellung ausreicht, so ist doch in einigen Fällen ein Erbschein erforderlich, um die Legitimation als Erbender nachzuweisen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Grundbuchänderungen bei geerbten Immobilien vorgenommen werden müssen: Nach § 35 GBO verlangt das Grundbuchamt einen Erbschein, um die Erbenden als neue Eigentümer einzutragen, wenn kein notarielles Testament vorliegt. Beispiel: Eine Person erbt das Haus ihres verstorbenen Vaters, der nur ein privatschriftliches Testament hinterlassen hat. Ohne Erbschein ist die Eigentumsumschreibung nicht möglich.
Ein weiterer Fall ist der Zugriff auf Nachlasskonten bei Banken. Gemäß § 2353 BGB dient der Erbschein hier als Nachweis, dass die antragstellende Person berechtigte/r Erbende/r ist.
Beispiel:
Nach dem Tod seines Vaters, der das zuletzt lebende Elternteil war, möchte Markus Zugriff auf das Sparkonto seines verstorbenen Vaters erhalten, um laufende Rechnungen wie Bestattungskosten zu begleichen. Obwohl Markus der einzige Sohn und somit gesetzlicher Alleinerbe nach § 1924 BGB ist, akzeptiert die Bank dies nicht ohne einen rechtlichen Nachweis.
Der Vater hat kein notarielles Testament hinterlassen, sondern nur ein privates handschriftliches Testament, in dem Markus als Alleinerbe genannt wird. Da die Bank die Gültigkeit dieses Testaments nicht überprüfen kann, verlangt sie einen Erbschein gemäß § 2353 BGB.
Markus muss beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen und dort insbesondere das Testament sowie eine Sterbeurkunde einreichen. Erst nach Ausstellung des Erbscheins wird die Bank ihm das Guthaben des Kontos freigeben.
Welche Arten von Erbscheinen gibt es?
Der Erbschein ist das amtliche Dokument, das als Nachweis für den oder die Erbenden aber auch andere Personen, die einen Anspruch auf das Erbe oder eine Teil des Erbes haben, ausweist. Es gibt verschiedene Arten von Erbscheinen: Alleinerbschein (für einen einzelnen Erben), Teilerbschein (für Miterben, der nur den jeweiligen Erbteil ausweist) und gemeinschaftlicher Erbschein (für alle Erben zusammen). Zudem können Erbscheine bei Vor- und Nacherbschaft oder Erbverzicht spezielle Einschränkungen enthalten (§§ 2353 ff. BGB).
Alleinerbschein
Ein Alleinerbschein wird vom Nachlassgericht ausgestellt und bestätigt, dass eine Person alleiniger Erbe des Nachlasses ist (§ 2353 BGB). Er dient als offizieller Nachweis der Erbendenstellung, etwa gegenüber Banken oder Behörden. Der Alleinerbschein ist notwendig, wenn kein notarielles Testament oder Erbvertrag vorliegt und Dritte die alleinige Erbendenstellung anzweifeln könnten.
Gemeinschaftlicher Erbschein
Gibt es mehrere Erbende, dann wird ein gemeinschaftlicher Erbschein benötigt. dieser weist die Erbenden einer Erbengemeinschaft gemeinsam aus (§ 2357 BGB). Er enthält Angaben zu allen Miterben und deren Erbanteilen. Dieses Dokument dient als Nachweis der Erbendenstellung, etwa bei Banken oder Grundbuchämtern, und wird oft für die Nachlassabwicklung benötigt.
Teilerbschein
Wenn es mehrere Erbende gibt, müssen diese nicht zwangsläufig einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen. Ein Teilerbschein bestätigt die Erbendenstellung eines/einer einzelnen Miterbenden innerhalb einer Erbengemeinschaft (§ 2353 BGB). Er weist ausschließlich den Erbanteil dieser Person aus und wird benötigt, wenn ein/e Miterbende/r seine Rechte oder Pflichten unabhängig von der gesamten Erbengemeinschaft nachweisen muss, etwa gegenüber Banken.
Gläubiger-Erbschein
Ein Gläubiger-Erbschein gemäß § 792 ZPO (Zivilprozessordnung) wird benötigt, wenn ein Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Nachlass eines verstorbenen Schuldners betreiben möchte. Da die Erben die Rechtsnachfolger des Verstorbenen sind, ermöglicht dieser Erbschein dem Gläubiger, die Identität der Erben nachzuweisen und gegen diese als Schuldner vorzugehen.
Erbschein beantragen: Wie funktioniert das?
Einen Erbschein beantragt man beim zuständigen Nachlassgericht, das in der Regel am Wohnsitz des Verstorbenen liegt. Der Antrag muss schriftlich erfolgen und erfordert die Vorlage von Nachweisen wie der Sterbeurkunde des Erblassers, einem Verwandtschaftsnachweis und gegebenenfalls einem Testament. Es kann auch hilfreich sein, ein Formular des Gerichts zu verwenden, das online oder direkt beim Nachlassgericht erhältlich ist.
Zur Beantragung des Erbscheins werden in der Regel folgende Unterlagen benötigt:
- Sterbeurkunde des/der Erblassenden
- Angaben zum letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort oder Sterbeort
- Testament in beglaubigter Kopie soweit vorhanden
- Falls kein Testament vorhanden ist: Nachweis darüber, dass der/die Antragstellende Erbe/Erbin gemäß der gesetzlichen Erbfolge ist
- Reisepass oder Personalausweis des/der Antragstellenden
- Adresse der Erbenden
Erben ohne Erbschein: Welche Alternativen gibt es zum Erbschein?
Die Beantragung eines Erbscheins ist mit Aufwand, Zeitverzug und Kosten verbunden. Daher ist es wichtig zu wissen, dass auch für den Zugriff auf Konten des/der Verstorbenen, Grundbuchangelegenheiten und Handelsregistereintragungen nicht immer ein Erbschein erforderlich ist. Alternativen zum Erbschein sind ein notarielles Testament, ein Erbvertrag oder ein Testamentsvollstreckungszeugnis, da diese öffentliche Urkunden die Erbenstellungg eindeutig nachweisen (§ 35 GBO). Banken, Behörden oder Grundbuchämter akzeptieren solche Dokumente meist als ausreichend, sodass ein zusätzlicher Erbschein nicht erforderlich ist.
Erben ohne Erbschein dank notariellem Testament
Ein notarielles Testament ist eine vom Notar beurkundete letztwillige Verfügung (§ 2232 BGB). Es dient als rechtsgültiger Nachweis der Erbendenstellung und ersetzt den Erbschein (§ 35 GBO). Da der Notar die Echtheit und Rechtswirksamkeit garantiert, akzeptieren Behörden, Banken und Grundbuchämter dieses Testament meist ohne zusätzliche Anforderungen für die Nachlassabwicklung.
Vollmacht des/der Erblassenden
Ein Erbschein trotz Testament ist auch dann nicht notwendig, wenn der/die Erblassende bereits zu Lebzeiten dem/den Erbenden eine Vollmacht auf den Todesfall oder eine transmortale Vollmacht ausgestellt hat. Eine von dem/der Erblassenden erteilte Vollmacht über den Tod hinaus (§ 168 BGB) ermöglicht es Erbenden, Nachlassangelegenheiten ohne Erbschein zu regeln. Mit dieser Vollmacht können Banken oder Behörden direkt handeln, da sie als rechtsgültiger Nachweis für die Berechtigung zur Vermögensverwaltung dient.