Das Wichtigste in Kürze:
- Das Geschiedenen-Testament wird von einer Person erstellt, um die Vermögensnachfolge neu zu regeln.
- Während der Trennungsphase bleibt der/die Noch-Partner:in gesetzliche/r Erbe/Erbin. Diese Situation lässt sich nur mit einem Testament ändern.
- In der Trennungsphase lässt sich der gesetzliche Pflichtteilsanspruch nur in Einzelfällen ausschließen.
- Ein Berliner Testament kann in der Regel nicht einseitig während der Trennungsphase widerrufen werden.
- Bei gemeinsamen Kindern muss vorgesorgt werden, damit der/die Ex-Partner:in nicht über „diesen Umweg“ einen Vermögenszugriff erhält.
- Auch nach erfolgter Scheidung gilt: Zur Sicherheit sollte ein gemeinschaftliches Testament widerrufen werden.
- Geschiedenen-Testament Muster sollten stets individuell angepasst werden. In der Regel ist die Beratung durch einen Rechtsanwalt, eine Rechtsanwältin sinnvoll.
Ist eine Ehe oder eine eingetragenen Lebensgemeinschaft am Ende, dann schätzen viele Menschen es falsch ein, welche Auswirkungen eine (bevorstehende) Scheidung auf das Erbrecht hat. Denn während der Trennungsphase können Noch-Partner:innen weiterhin Mit- oder sogar Alleinerbende werden. Und auch nach vollzogener Scheidung kann es passieren, dass ein Gericht bei einem während der Ehe geschlossenen gemeinsamen Testament einen Fortgeltungswillen annimmt. Gibt es gemeinsame Kinder, so bedarf es ebenfalls eines Geschiedenen-Testaments, um „über den Umweg der Kinder“ einen Zugriff auf das Vermögen des/der verstorbenen Ex-Partners/Ex-Partnerin zu vermeiden.
Begriffserklärung: Was ist ein Geschiedenen-Testament?
Als Geschiedenen-Testament wird ein Testament bezeichnet, das nach einer Scheidung aufgesetzt wird, um die Vermögensverteilung klar zu regeln. Es dient dazu, den Einfluss des/der Ex-Partners/Ex-Partnerin auf das Erbe zu verhindern. Nach einer Scheidung erlöschen gemäß § 1933 BGB die gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte des geschiedenen Ehepartners. Allerdings bleiben gemeinsame Kinder oft erbberechtigt, was dem/der Ex-Partner:in als gesetzlichem Vertreter, gesetzlicher Vertreterin bei minderjährigen Kindern indirekten Zugriff auf das Vermögen ermöglichen könnte. Um diesen Durchgriff zu vermeiden, können verschiedene Regelungen getroffen werden: die Vermächtnislösung, die Vermögensvorsorge oder die Vor- und Nacherbschaft. Ein Geschiedenen-Testament bietet so die Möglichkeit, Vermögenswerte gezielt und abgesichert an die gewünschten Erbenden zu übertragen. Mehr zu den einzelnen Varianten erfahren Sie weiter unten im Artikel.
Erbrecht in der Trennungsphase
Entscheiden sich die Partner:innen in einer Ehe oder einer eingetragenen Lebensgemeinschaft dazu, zukünftig getrennte Wege zu gehen, so dauert es nach deutschem Recht noch mindestens ein Jahr bis zur Scheidung. Bis zum Vorliegen der Voraussetzung der Scheidung sowie der Zustimmung beider Parteien gelten grundsätzlich sowohl letztwillige Verfügungen zugunsten des/der Partner:in weiter beziehungsweise das gesetzliche Erbrecht gilt weiterhin.
Wie sieht es aus, wenn ein Einzeltestament zugunsten des/der Partner:in abgefasst wurde?
Ein einseitiges Testament zu Gunsten des/der Noch-Partners, der Noch-Partnerin ist im Regelfall bis zum Vollzug der Scheidung gültig. Um dieses zu verhindern, muss das Testament widerrufen oder durch ein neues Testament ersetzt werden. Wenn das alte Testament durch ein neues Geschiedenen-Testament ersetzt wird, soll in dieses neue Testament ausdrücklich aufgenommen werden, dass das alte Testament widerrufen wird.
Wie sieht es aus, wenn ein gemeinsames Testament von den Partner:innen abgefasst wurde?
Besteht ein Berliner Testament oder ein Ehevertrag, so können diese nur gemeinschaftlich widerrufen werden. Einseitig widerrufen werden können ein Berliner Testament oder ein Ehevertrag nur dann, wenn ein solches einseitiges Widerrufsrecht zuvor festgelegt und gegenseitig anerkannt wurde. In diesem Fall muss der Widerruf dem/der Partner:in aus dem Berliner Testament oder Erbvertrag zugestellt worden sein. Erst dann sind Erbvertrag oder Berliner Testament auch in der Trennungsphase ungültig. Nun können die beiden Noch-Partner:innen einseitige Testamente errichten.
Wie sieht es aus, wenn kein Testament vorhanden ist?
Liegt kein Testament, weder ein Berliner Testament noch ein Einzel-Testament, vor, so gilt innerhalb der Trennungsphase die gesetzliche Erbfolge (LINK: interner Link zu Beitrag). Ehepartner:innen und Partner:innen aus einer eingetragenen Lebensgemeinschaft erben dann in der Regel neben Kindern die Hälfte des Vermögens. Die gesetzlichen Regelungen finden sich in den Paragraphen §§ 1931 ff BGB.
Pflichtteilsanspruch: Warum Noch-Partner:innen trotz Geschiedenem-Testament etwas erben
Auch dann, wenn ein Geschiedenen-Testament in der Trennungsphase erstellt werden konnte, so bedeutet dies nicht, dass der/die Noch-Partner:in im Erbfall leer ausgeht. Denn der Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) besteht bis zum Zeitpunkt des Vollzugs der Scheidung fort. Danach steht dem/der überlebenden Partner:in die Hälfte es gesetzlichen Erbteils zu. Nur in Ausnahmefällen ist es rechtlich möglich, dass auch dieser Pflichtteilsanspruch ausgeschlossen wird. Andererseits ist es rechtlich möglich, dass beide Eheleute oder beide Partner:innen einer eingetragenen Lebensgemeinschaft eine Vereinbarung treffen, dass auf den Pflichtteil verzichtet wird.
Erbrecht nach der Scheidung – ohne gemeinsame Kinder
Hatten die Eheleute keinen Ehevertrag oder Berliner Testament geschlossen oder wurde dieses wirksam widerrufen, so haben die Ex-Partner:innen nach erfolgter Scheidung keine gegenseitigen erbrechtlichen Ansprüche. In der Regel bestehen auch aufgrund von Eheverträgen oder einem Berliner Testament keine Ansprüche mehr auf eine Erbschaft. Da jedoch die Rechtsprechung teilweise einen sogenannten Fortgeltungswillen annimmt, sollte trotz erfolgter Scheidung ein Widerruf von Erbvertrag oder Berliner Testament erfolgen. Sonst kann es passieren, dass ein gemeinschaftliches Testament trotz rechtskräftiger Scheidung weiter gültig ist.
Erbrecht nach der Scheidung – mit gemeinsamen, minderjährigen Kindern
Wenn Ex-Eheleute oder Ex-Partner:innen einer eingetragenen Lebensgemeinschaft gemeinsame Kinder haben, dann sind Fallkonstellationen denkbar, über die der/die Ex-Partner:in „über den Umweg der Kinder“ Zugriff auf das Vermögendes/der Ex-Partners, der Ex-Partnerin hat. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn im Todesfall eines Elternteils der minderjährige Nachwuchs erbt. In diesem Fall hat das überlebende Elternteil das alleinige Sorgerecht, das grundsätzlich auch die Vermögensverwaltung umfasst. Zudem gibt es die tragischen Fälle, in denen ein Kind vor dem überlebenden Elternteil verstirbt. Auch in diesem Fall würde das an das Kind vererbte Vermögen an das überlebende Elternteil fallen, falls das „Kind“ selbst noch keine Nachfahren hat.
Geschiedenen-Testament mit Regelung zu Vor- und Nacherbschaft
Ein Geschiedenen-Testament mit Regelung von Vor- und Nacherbschaft gemäß § 2100 BGB kann genutzt werden, um um das Vermögen nach einer Scheidung gezielt zu vererben und den Einfluss des Ex-Partners zu verhindern. Der gemeinsame Nachwuchs wird dann als Vorerbe gewählt. Als Nacherben kommen die Kinder des gemeinsamen Nachwuchses oder andere nahestehende Personen in Betracht. Sollte also der Erbfall eintreten, so wird der gemeinsame Nachwuchs Vorerbe. Das hat zur Folge, dass der Nachlass zum Sondervermögen wird. Sollte der tragische Fall eintreten, dass der gemeinsame Nachwuchs ebenfalls vor dem längerlebenden Elternteil verstirbt, so geht der Nachlass direkt an den vom ersten Erblassenden bestimmten Nacherbenden über. Der/die Ex-Partner:in hat rechtlich keinen Zugriff auf den Nachlass.
Ein weiterer Vorteil: Der Nachwuchs kann dieses Sondervermögen selbst nutzen, aber nicht darüber verfügen. Das bedeutet auch, dass der gemeinsame Nachwuchs dieses Sondervermögen nicht an das überlebende Elternteil verschenken darf. Selbst wenn der gemeinsame Nachwuchs das längerlebende Elternteil als Erbenden einsetzt, so wird der Nachlass des zuerst verstorbenen Elternteils nicht an das überlebende Elternteil vererbt. Dieser Teil des Vermögens des Nachwuchses geht als Sondervermögen direkt an den vom zuerst verstorbenen Elternteil festgelegten Nacherbenden über. Allerdings kann es problematisch werden, dieses Sondervermögen vom sonstigen Vermögen zu trennen, vor allem dann, wenn eine lange Zeit bis zum Eintritt des Nacherbschaftsfall vergangen ist.
Geschiedenen-Testament mit Vermächtnislösung
Ein Geschiedenen-Testament mit einer Vermächtnislösung ist eine andere Möglichkeit, den direkten Zugriff des/der überlebenden Ex-Partners:in auf das Vermögen zu verhindern, wenn dieses den gemeinsamen Kindern zugutekommen soll. Gemäß § 1939 BGB kann der/die Erblassende ein Vermächtnis anordnen, bei dem die Kinder Vermächtnisnehmer:innen werden, während ein Dritter (z.B. ein Testamentsvollstrecker) das Vermögen verwaltet. So wird verhindert, dass der/die Ex-Partner:in durch Ansprüche wie Kindesunterhalt oder Pfändung indirekt Zugriff auf das vererbte Vermögen erhält. Das Vermächtnis kann zweckgebunden ausgestaltet werden, etwa zur Finanzierung von Ausbildung oder Lebensunterhalt der Kinder. Eine klare Formulierung sowie die Einsetzung eines/einer Testamentsvollstreckenden (§ 2197 BGB) sind empfehlenswert, um die Wünsche des Erblassenden sicherzustellen und Streitigkeiten zu vermeiden.
Geschiedenen-Testament mit Vermögensvorsorge
Um den dargestellten potentiellen Streitpunkten vorzubeugen, kann ein Geschiedenen-Testament mit Vermögensvorsorge bei minderjährigen Kindern genutzt werden. Dieses stellt sicher, dass das Vermögen bei minderjährigen Kindern ankommt, ohne dass der/die überlebende Ex-Partner:in Zugriff erhält. Da der/die Ex-Partner:in bei minderjährigen Kindern häufig als gesetzliche:r Vertreter:in fungiert, könnte er/sie das Vermögen verwalten und indirekt nutzen. Um dies zu verhindern, kann im Testament ein:e Testamentsvollstrecker:in gemäß § 2197 BGB eingesetzt werden. Diese:r verwaltet das Erbe im Interesse der Kinder und stellt sicher, dass es zweckgebunden verwendet wird, etwa für Ausbildung oder Unterhalt. Zudem kann ein Vermächtnis oder eine Vor- und Nacherbschaft (§ 2100 BGB) angeordnet werden. Diese Maßnahmen schützen das Vermögen effektiv vor einem Durchgriff des/der Ex-Partners, der Ex-Partnerin und gewährleisten, dass es ausschließlich den Kindern zugutekommt.