Das Wichtigste in Kürze:
- Hat der oder die Verstorbene keine individuelle Nachlassregelung, z.B. durch ein Testament, getroffen, bleibt der Nachlass nicht ungeregelt; es greift das gesetzliche Erbrecht ein.
- Das gesetzliche Erbrecht entspricht als Leitbild bei der Nachlassverteilung in der Gesellschaft gemeinhin anerkannten Vorstellungen.
- Die vorrangigen gesetzlichen Erben sind die genetischen Verwandten des Erblassenden.
- Die Rangfolge ihrer Erbberechtigung bestimmt sich nach der sogenannten „Parentel-Ordnung“.
„Der Tod ist doch etwas so Seltsames, daß man ihn, unerachtet aller Erfahrung, bei einem uns teuren Gegenstande nicht für möglich hält und er immer als etwas Unglaubliches und Unerwartetes eintritt. Er ist gewissermaßen eine Unmöglichkeit, die plötzlich zur Wirklichkeit wird.“
Johann Wolfgang von Goethe
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit ist kein besonders angenehmes Unterfangen und wird deshalb in der Regel so weit und lange wie möglich gemieden. Überdies ist der natürliche Tod, selbst im hohen Alter, kein berechenbares Ereignis. Er ist – mit Goethe gesprochen – die „Unmöglichkeit, die plötzlich zur Wirklichkeit wird“. So ist es keine Seltenheit, dass zum Zeitpunkt des Versterbens einer Person kein Testament vorliegt, in dem der Erblasser bzw. die Erblasserin (der oder die Verstorbene) leb- und somit rechtzeitig eine Verteilung des Nachlasses nach den eigenen, individuellen Vorstellungen unternommen hat.
Dass der Erblasser bzw. die Erblasserin keine gewillkürte Erbfolgeregelung vorgenommen hat, bedeutet aber mitnichten, dass die Nachlassverteilung ungeregelt bleibt. In solchen Fällen greift vielmehr das gesetzliche Erbrecht ein.
Wer erbt im Falle der gesetzlichen Erbfolge?
Entsprechend dem gesellschaftlichen Leitbild, werden zu gesetzlichen Erben vorrangig Verwandte des Erblassenden im genetischen Sinne (sog. „cognatische“ Familie) berufen („Das Gut rinnt mit dem Blut“). Im Falle der Adoption wird die Blutsverwandtschaft gesetzlich fingiert. Verschieden- oder gleichgeschlechtliche Ehegatten und -gattinnen sowie Lebenspartner:innen erben lediglich neben den kognatischen Verwandten.
Die gesetzliche Erbfolge richtet sich nach der sog. Parentelordnung. Diese bringt die grundsätzlich erbberechtigten Verwandten in eine Rangfolge, entsprechend der Zahl an Generationen, die bis zum nächsten gemeinsamen Vorfahren zurückgegangen werden muss.
Die erste Parentel-Gruppe umfasst die unmittelbaren Abkömmlinge, also Kinder, die zweite die Eltern sowie deren Abkömmlinge (also Schwestern und Brüder, Neffen und Nichten) und die dritte die Großeltern und deren Nachkommen (also Tanten und Onkel, Vettern und Cousinen) der Erblasserin/des Erblassers.
Eine vorangehende Parentelgruppe schließt die ihr nachgeordnete von der Erbfolge aus. Existiert beim Erbfall z.B. ein direkter Abkömmling, also Erbende der 1. Parentelordnung, schließt er alle weiteren Verwandten anderer Ordnungen, z.B. lebende Eltern der Erblasserin, von der Erbfolge aus.
Innerhalb eines Parentels wird der Nachlass (zumindest in den ersten beiden Parentelgruppen) gleichmäßig nach Kopfteilen verteilt.
Als Repräsentierende ihres Familienstammes verdrängen direkte Abkömmlinge alle durch sie mit der Erblasserin/dem Erblasser verwandten ferneren Abkömmlinge. So erbt zum Beispiel die lebende Tochter einer (alleinstehenden) Erblasserin alleine und verdrängt ihre eigenen Kinder (also die Enkel der Erblasserin) aus der Erbfolge.
Im Falle des Vorversterbens der Kinder der Erblasserin oder des Erblassers treten deren Abkömmlinge in das Erbrecht ihrer Eltern ein (sog. Eintrittsprinzip). Die Enkel der Erblasserin teilen dann untereinander den Erbteil auf, der ihrer Mutter oder ihrem Vater als Abkömmling zugestanden hätte.
Sind keine gesetzlichen Erbenden vorhanden, bzw. haben alle Erbenden das Erbe ausgeschlagen, erbt der Fiskus.
Eine detaillierte Darstellung des gesetzlichen Erbrechts und der Parentelordnung anhand anschaulicher Beispiele finden Sie im Artikel zum gesetzlichen Erbrecht in Deutschland.