Das Wichtigste in Kürze:
- Schenkungen an Dritte aus dem eigenen Vermögen sind grundsätzlich jederzeit möglich.
- Werden Schenkungsfreibeträge überschritten, so müssen die Beschenkten Schenkungssteuer entrichten.
- Die Höhe der Schenkungssteuer richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad zwischen der schenkenden und der beschenkten Person.
- Für eine Schenkung von Bargeld muss ein schriftlicher Nachweis ausgestellt werden.
- Schenkungen zu Lebzeiten dürfen nicht dazu führen, dass bindende Erbfolgeregelungen abgeändert werden. Bindende Erbfolgeregelungen ergeben sich aus dem Pflichtteilsanspruch sowie aus Erbvertrag und gemeinschaftlichem Testament.
Zu Lebzeiten kann jeder geschäftsfähige Mensch über sein Vermögen verfügen. Das bedeutet auch, dass das Vermögen für Dinge ausgegeben werden darf, die in den Augen Dritter als unnötig angesehen werden, oder an Dritte verschenkt werden darf. Dabei ist es unerheblich, ob das Vermögen an Verwandte, Bekannte oder auch gemeinnützige Vereine und Institutionen verschenkt wird. Begrenzt wird die Möglichkeit, eigenes Vermögen zu verschenken, durch bestimmte Regelungen des Erbrechts. Denn Schenkungen zu Lebzeiten dürfen nicht dazu führen, dass bindende Erbfolgeregelungen unterlaufen werden. Zudem haben Schenkungen weitere rechtliche Folgen: Dazu zählt, dass die Beschenkten bei Schenkungen oberhalb des Schenkungsfreibetrages zur Entrichtung der Schenkungssteuer verpflichtet sind. Bei Schenkungen von Bargeld ist zudem darauf zu achten, dass ein Nachweis ausgestellt wird. Im Folgenden geht es daher um die Beantwortung der Frage, welche Folgen das Verschenken des Vermögens zu Lebzeiten hat.
Es ist zu betonen, dass die Privatautonomie des Erblassers zu Lebzeiten eine hohe Bedeutung hat. Grundsätzlich besteht kein Anspruch der Erben, Vermögen zu erhalten, solange der Erblasser lebt. Der Erblasser ist in seiner Entscheidung, wie er mit seinem Vermögen umgeht, frei und kann es nach Belieben ausgeben oder verschenken, solange er nicht gegen gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen verstößt. Eine Anfechtung von Schenkungen ist in der Regel nur schwer möglich, da der Erblasser zu Lebzeiten über sein Vermögen frei verfügen darf.
Schenkungen zu Lebzeiten: Verfügungen über das eigene Vermögen vor dem Tod
Durch eine Schenkung zu Lebzeiten haben Personen die Möglichkeit, anderen Personen oder Institutionen einen Teil des Vermögens zukommen zu lassen, das später einmal vererbt werden würde. Auf diese Weise können beispielsweise Eltern ihren Nachwuchs bei dem Erwerb einer Immobilie unterstützen. Grundsätzlich ist es auch möglich, dass Eltern einem Kind einen größeren Geldbetrag zu Lebzeiten schenken und einem anderen Kind nicht. Damit eine Schenkung zu Lebzeiten nicht dazu führt, dass Regelungen des Erbrechts, wie beispielsweise die Pflichtteilregelung, umgangen wird, gelten folgende rechtliche Regelungen.
Geschenk: Was als Schenkung gilt
Was als Schenkung unter Lebenden gilt, ist in § 7 Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) geregelt. Dort finden Sie eine Auflistung, welche Zuwendungen gesetzlich als Schenkungen definiert sind. Hierzu zählen insbesondere Geldgeschenke, Wohneigentum sowie materielle Dinge wie Schmuck, Kunstgegenstände oder Autos. Doch auch Geschäftsanteile, zinslose Darlehen sowie Kapitallebens- und Rentenansprüche können verschenkt werden.
Andererseits gelten folgende finanzielle Unterstützungen nicht als Geschenk im Sinne des § 7 ErbStG:
- Handgeschenke: übliche Geburtstagsgeschenke oder Hochzeitsgeschenke, Dankeschön-Gaben wie Blumen oder Pralinen
- Verzicht auf Erbschaft
- Laufende Zahlungen für Ausbildung oder Unterhalt
Pflichtteilsergänzungsanspruch: Auswirkungen von Schenkungen zu Lebzeiten auf Pflichtteilsanspruch
Gemäß dem deutschen Erbrecht steht nahen Verwandten ein so genannter Pflichtteil zu. Dieser Pflichtteilsanspruch definiert den Anspruch, den nahe Verwandte, insbesondere Abkömmlinge und Ehepartner:innen sowie Partner:innen einer eingetragenen Lebensgemeinschaft, auch dann haben, wenn sie vom Erblassenden enterbt wurden. Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs sichtet sich nach der Höhe der Gesamterbmasse. Eine Schenkung zu Lebzeiten verringert die Erbmasse, sodass eine Schenkung zu Lebzeiten die Höhe des Pflichtteilsanspruchs beeinträchtigt. Damit eine solche Schenkung den Grundsatz des Pflichtteilsanspruchs nicht aushebeln kann, haben Pflichtteilsberechtigte gemäß § 2325 BGB einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Je nachdem, wie lange eine Schenkung vor dem Todesfall erfolgt, wird die Schenkung dem Erbvermögen zugerechnet: Im ersten Jahr vor dem Erbfall wird die Schenkung zu 100 Prozent dem Erbvermögen zugerechnet. Mit jedem Jahr, das die Schenkung länger vor dem Todesfall erfolgt ist, verringert sich der prozentuale Anteil, zu welchem die Schenkung berücksichtigt wird, um 10 Prozent. Eine Schenkung im zehnten Jahr vor dem Erbfall wird dementsprechend zu null Prozent berücksichtigt.
Hinweis: Bei der Schenkung von Immobilien gelten diesbezüglich insbesondere dann Sonderregelungen, wenn die schenkende Person sich ein Nießbrauchrecht vorbehalten hat. Auf diese Besonderheiten wird das involvierte Notariat hinweisen.
Erbvertrag und gemeinschaftliches Testament: Ansprüche der Vertragserben gegen Beschenkte
Sowohl das gemeinschaftliche Testament als auch der Erbvertrag entfalten eine Bindung des Erblassenden und begründen einen Vertrauensschutz für die Erbenden. Der Gedanke, der hinter dem Schutz der Erbenden steht, ist in beiden Fällen der gleiche: Sowohl durch den Erbvertrag als auch das gemeinschaftliche Testament hat sich der:die Erblasser:in bezüglich der Erbfolge festgelegt. Auf diese Festlegung dürfen sich die Erben oder der:die Vertragspartner:in verlassen. Eine Schenkung zu Lebzeiten darf daher nicht dazu führen, dass die letztwillige Verfügung nachträglich einseitig abgeändert wird. Erben haben daher gemäß § 2287 BGB unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch gegen die Person, die vom Erblassenden zu Lebzeiten ein Geschenk erhalten haben.
Gemäß § 2287 BGB können Erben immer dann gegen eine Schenkung vorgehen, wenn diese in „Beeinträchtigungsabsicht“ vorgenommen wird. Eine Beeinträchtigungsabsicht ist nur dann zu bejahen, wenn der Schenkende beziehungsweise Erblassende kein „lebzeitiges Interesse“ an der Schenkung hat. Das bedeutet, dass Sie auch bei Bestehen eines gemeinschaftlichen Testamentes oder Erbvertrages eine Schenkung vornehmen dürfen, wenn Sie damit ein eigenes Interesse verfolgen.
Beispiel:
Sie verschenken einen Teil Ihres Vermögens an eine dritte Person, die sich im Gegenzug verpflichtet, Sie zu pflegen oder Ihren Haushalt zu führen. Um dieses „lebzeitige Eigeninteresse“ zu dokumentieren, sollten Sie einen Schenkungsvertrag abschließen.
Schenkung zu Lebzeiten: Das ist zu beachten
Damit eine Schenkung zu Lebzeiten für den:die Beschenkte:n keine rechtlichen Nachteile mit sich bringt, sind einige Aspekte zu beachten. Dies betrifft insbesondere die Punkte Schenkungssteuer, Schenkungsvertrag und bei der Schenkung von Bargeld den schriftlichen Nachweis der Schenkung.
Schenkungsfreibetrag und Schenkungssteuer
Überschreitet der Wert eines Geschenks einen gewissen Betrag, so müssen die Beschenkten dafür Schenkungssteuer gemäß § 1 ErbStG entrichten. Schenkung und Vererben werden im Gesetz gleichgestellt, da auf diese Weise verhindert werden soll, dass durch eine Schenkung unter Lebenden die Erbschaftssteuer umgangen oder gemindert wird. Schenkungen im Wert von bis zu 20.000 Euro sind stets steuerfrei. Denn dieser Steuerfreibetrag gilt für jede:n Beschenkte:n, unabhängig davon, welches Verwandtschaftsverhältnis zwischen Schenkendem und beschenkter Person besteht. Nahe Verwandte haben einen höheren Schenkungsfreibetrag, das bedeutet, dass Schenkungen bis zu diesem Betrag steuerfrei bleiben:
- Ehepartner:innen, eingetragene Lebenspartner:innen: 500.000 Euro
- leibliche Kinder sowie Stief- und Adoptivkinder; Enkelkinder, wenn die eigenen Kinder der schenkenden Person bereits verstorben sind: 400.000 Euro
- Enkelkinder: 200.000 Euro
- Urenkel: 100.000 Euro
Schenkungen zu Lebzeiten, die diese Beträge überschreiten, müssen versteuert werden. Grundsätzlich gilt für den Schenkungsfreibetrag eine 10-Jahres-Frist. Das bedeutet, dass der Freibetrag alle zehn Jahre aufs Neue besteht. Zu Einzelheiten sollte jedoch stets ein:e Steuerberater:in befragt werden.
Schenkungsvertrag und schriftlicher Nachweis bei Schenkung von Bargeld
Alle Schenkungen, die keine üblichen Gelegenheitsgeschenke darstellen, müssen beim Finanzamt gemeldet werden. Das gilt auch für Geschenke, die den jeweils geltenden Freibetrag unterschreiten. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass mehrere Geschenke zusammen insgesamt den jeweiligen Freibetrag überschreiten. Die Meldung kann durch ein formloses Schreiben an das Finanzamt erfolgen. Ist die Schenkung über ein Notariat erfolgt, so entfällt die Meldepflicht, da das Notariat die Schenkung meldet.
Schenkungen in Form von Bargeld sollten stets durch einen Schenkungsvertrag oder einen anderen geeigneten schriftlichen Nachweis dokumentiert werden. Nur mit einem solchen Herkunftsnachweis sind Beschenkte in der Lage, Beträge von über 10.000 Euro bei ihrer Hausbank einzuzahlen. Bei einer anderen als der eigenen Hausbank müssen bereits bei Bareinzahlungen von mehr als 2.500 Euro Herkunftsnachweise vorgelegt werden.