Was ist eine Erbengemeinschaft?

Erben mehrere Personen nebeneinander, steht diesen die Nachlassverwaltung und -verteilung gemeinschaftlich zu, sofern der oder die Erblassende (der oder die Verstorbene) keine hiervon abweichende Regelung getroffen hat. Dies bedeutet in der Praxis oft, dass aus der Erben- auch eine Schicksalsgemeinschaft in Vermögensfragen wird, die in der Regel erst durch die sogenannte „Auseinandersetzung“ beendet werden kann.

Das Wichtigste in Kürze

  • Mehrere nebeneinander durch Testament, Erbvertrag oder per gesetzlicher Erbfolge zu Miterbenden berufene Personen bilden eine Erbengemeinschaft.
  • Keine Miterbenden sind hingegen Vermächtnisnehmer:innen und Pflichtteilsberechtigte
  • Zweck der Erbengemeinschaft ist neben der gemeinschaftlichen Nachlassverwaltung ihre eigene Auflösung im Wege der Nachlassverteilung.
  • Die Erbengemeinschaft endet in der Regel mit dem Verfahren der „Auseinandersetzung“.
  • Die zur Erbengemeinschaft verbundenen Miterbenden verwalten das Nachlassvermögen gesamthänderisch, d.h. „jedem gehört alles“.

„Sage nicht, Du kennst einen Menschen, bevor Du nicht ein Erbe mit ihm geteilt hast.“

Johann Caspar Lavater

Der vermeintliche Segen einer Erbschaft bringt häufig Unbill mit sich. Der Kreis der trauernden Angehörigen wandelt sich, geht es erst einmal um die Verteilung des Erbes, nicht selten unversehens in eine Arena langwieriger und unerbittlich ausgetragener (Familien-) Streitigkeiten. Im schlimmsten Falle ist der Familienfrieden im Ergebnis dauerhaft zerrüttet.

Im Wege der Erbfolge treten häufig gleich mehrere Personen nebeneinander in die Erbenstellung ein. Sie bilden sodann die in den §§ 2032 bis 2057a BGB gesetzlich angeordnete (Mit-)Erbengemeinschaft. Eine solche Erbengemeinschaft ist eine gesetzliche Zwangs- und Schicksalsgemeinschaft. Hat zuvor nur eine Person selbstständig und nach eigenem Gutdünken über das betreffende Vermögen bestimmt, müssen sich nun mehrere ganz unterschiedliche Köpfe über einen gemeinsamen Weg der Vermögensverwaltung und -aufteilung einigen. Obwohl das Gesetz auf diesem Weg einige klare Leitplanken vorsieht, birgt die Organisation und Liquidation einer Erbengemeinschaft nicht selten erhebliches Konfliktpotential. Die Zweckverwirklichung der Erbengemeinschaft liegt dabei in ihrer möglichst baldigen Auflösung. Im schlimmsten Falle entwickelt sich dieser Prozess jedoch zu einer nicht enden wollenden Agonie.

Wie entsteht eine Erbengemeinschaft?

Die Miterbengemeinschaft entsteht von selbst mit dem Erbfall, wenn der Nachlass im Wege der Erbfolge auf mehrere Personen gleichzeitig übergeht. Sie erstreckt sich auf alle Personen, die vom Erblasser oder von der Erblasserin individuell oder kraft Gesetzes zu Erbenden berufen sind – unabhängig von deren Willen. Das Gesetz ordnet eine solche Gemeinschaft also zwingend an.

Wer sind die Mitglieder einer Erbengemeinschaft?

Mitglieder einer Erbengemeinschaft sind alle gleichzeitig und nebeneinander zum Erbe berufenen Personen, egal ob ihre Erbenstellung auf Gesetz oder einer individuellen („gewillkürten“) Erbeinsetzung (Testament oder Erbvertrag) beruht. Diese werden als „Miterben“ bezeichnet.

Ersatz- oder Nacherbende, also solche Erbende, die nur unter der Bedingung des Vorversterbens anderer Erbenden in deren Position treten, werden erst mit Eintritt dieser Bedingung zu Mitgliedern der Erbengemeinschaft. Vermächtnisnehmer:innen oder Pflichtteilsberechtigte haben einen lediglich schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des Vermächtnisses gegen die Miterbengemeinschaft und sind somit keine Miterbenden. Auch Personen, die durch Enterbung, Ausschlagung, Erbunwürdigkeit oder Erbverzicht vom Erbe ausgeschlossen sind, werden nicht Teil der Erbengemeinschaft. Miterbende können dabei nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen, wie etwa Stiftungen oder (Personen- oder Kapital-) Gesellschaften sein.

Der Nachlass als Sondervermögen zur gesamten Hand

Der der Erbengemeinschaft zur Verwaltung und Teilung zufallende Nachlass ist ein vom Privatvermögen der einzelnen Erbenden abgegrenztes Sondervermögen. Die Verwaltung des Nachlasses steht allen Miterbenden gemeinschaftlich zu. Die Willensbildung im Innenverhältnis hat dabei grundsätzlich einstimmig zu erfolgen – ein Umstand der bei Meinungsverschiedenheiten große Komplikationen bereiten kann.

Was bedeutet „Gesamthandsvermögen“?

Das Nachlassvermögen steht dabei der Erbengemeinschaft „zur gesamten Hand“ zu. Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass „jedem alles gehört“, völlig unabhängig von der späteren Teilungsquote. Aus diesem Grund können Miterbende zwar nicht einzeln über Nachlassgegenstände verfügen, wohl aber über ihren Nachlassanteil insgesamt – etwa durch Schenkung oder Verkauf des jeweiligen Erbteils. Der Erwerber oder die Erwerberin des Erbteils tritt dann in die Stellung als Miterbende:r ein. Ist die erwerbende Person selbst Miterbe oder Miterbin, erhöht sich ihr eigener Erbteil um den hinzuerworbenen Anteil.

Welche Rechte und Pflichten haben die Miterbenden in der Erbengemeinschaft?

Die Miterbenden sind in ihrer Gesamtheit, verkörpert durch die Erbengemeinschaft, am Nachlass berechtigt, aber auch aus diesem verpflichtet.

Verfügungen über den Nachlass, also etwa die Veräußerung einer Immobilie aus dem Nachlassvermögen können nur einstimmig beschlossen werden. Verpflichtungsgeschäfte, (z.B. die Beauftragung einer Reparatur oder der Abschluss eines Mietvertrages) können mit einfacher Stimmenmehrheit nach Maßgabe der Erbteilsverhältnisse vorgenommen werden.

Nachlassgläubiger können sich an jede:n der Miterbenden zur Befriedigung ihrer Forderungen wenden. Forderungen, die zum Nachlassvermögen gehören, also etwa eine Darlehensforderung gegen Dritte, können durch die Miterbenden zwar einzeln geltend gemacht werden. Dabei kann aber nur die Leistung an alle Miterbenden verlangt werden.

Jedes Mitglied der Erbengemeinschaft ist zur Mitwirkung an der ordentlichen Verwaltung des Nachlasses, also etwa zur Verwaltung von Mietimmobilien, verpflichtet. Sind Notmaßnahmen, z.B. eine unaufschiebbare Dachreparatur an einer Nachlassimmobilie, zum Erhalt des Nachlassvermögens angezeigt, können solche auch von einem einzelnen Mitglied der Erbengemeinschaft veranlasst werden.

Für Tätigkeiten, die im Interesse der Erbengemeinschaft von einzelnen Mitgliedern geleistet werden, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Vergütung. Unter Umständen bietet es sich jedoch an, besondere Sachkenntnisse einzelner Miterbenden (wenn diese etwa Steuerberater:innen, Anwält:innen, Hausverwalter:innen sind) zu nutzen und deren erhöhten Aufwand aus dem Nachlass zu entlohnen.

Wie endet eine Erbengemeinschaft?

Die Erbengemeinschaft endet entweder mit der sogenannten Erbauseinandersetzung oder einer Vereinigung des gesamten Nachlasses in der Person eines Miterben oder einer Miterbin.

Die Erbauseinandersetzung

Die Auflösung der Erbengemeinschaft erfolgt in der Regel im Wege der Erbauseinandersetzung. Im Wesentlichen beschreibt dieser den Vorgang der tatsächlichen Aufteilung des Nachlasses unter den Miterbenden sowie die Abwicklung aller rechtlichen Beziehungen der Erbengemeinschaft untereinander und zu Dritten. Solche Rechtsbeziehungen können etwa in ausstehenden Forderungen oder Verbindlichkeiten aus dem Nachlass bestehen. Hierfür treffen die Miterbenden eine vertragliche Vereinbarung, die alle wesentlichen, klärungsbedürftigen Punkte zu umfassen hat.

Ab wann kann die Auseinandersetzung verlangt werden?

Grundsätzlich hat jeder Miterbe und jede Miterbin einen Anspruch auf Auseinandersetzung, kann die Teilung nach der jeweiligen Erbquote also jederzeit verlangen. Unter gewissen Umständen ist eine Auseinandersetzung jedoch (einstweilig) ausgeschlossen. Dies ist dann der Fall, wenn:

  • die konkreten Erbteile noch nicht feststehen, etwa weil die Geburt einer Person, die Erbe oder Erbin sein soll, unmittelbar bevorsteht, oder
  • der oder die Erblasser:in angeordnet hat, dass die Erbengemeinschaft nicht oder nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist aufgelöst werden soll. Dies ist bis zu 30 Jahre nach dem Erbfall bzw. nach dem Eintritt einer vom Erblasser oder von der Erblasserin gestellten Bedingung möglich (z.B. Tod des Ehepartners, Volljährigkeit eines Erben oder einer Erbin).
  • Die Miterbenden können eine Auseinandersetzung auch vertraglich ausschließen. So zum Beispiel für den Fall, dass ein Familienunternehmen durch die Erbengemeinschaft weitergeführt werden soll.

Die Zwangsgemeinschaft der Miterbenden dient nicht zuletzt dem Gläubigerschutz. Deshalb sind vor der Teilung des Erbes sämtliche Verbindlichkeiten aus dem Nachlass, also etwa Vermächtnisse, zu begleichen. Der verbliebene Rest wird dann innerhalb der Erbengemeinschaft aufgeteilt.

Wonach richtet sich die Aufteilung des Nachlasses bei der Auseinandersetzung?

Die Teilung des Nachlassvermögens richtet sich nach den jeweiligen Erbquoten, also dem Umfang am Nachlass, in welchem jedes Mitglied der Erbengemeinschaft zum Erben bzw. zur Erbin nach dem Erblasser bzw. der Erblasserin berufen ist. Für den Fall, dass keine letztwillige Verfügung (Testament, Erbvertrag) getroffen wurde, sind dies die gesetzlich festgelegten Quoten. Im Rahmen einer gewillkürten, individuell festgelegten Erbfolge, kann der oder die Erblasser:in auch Anordnungen über die konkrete Verteilung seines oder ihres Nachlasses bzw. konkreter Nachlassgegenstände treffen. Solche Anordnungen heißen Teilungsanordnungen. In den Teilungsanordnungen kommt unmittelbar der Wille des Erblassers bzw. der Erblasserin zum Ausdruck, welche Person aus dem Erbenkreis welchen Gegenstand aus dem Nachlass erhalten soll.

Was gilt, wenn der oder die Erblasser:in keine Teilungsanordnung getroffen hat?

Liegt keine besondere Anordnung zur Verteilung der einzelnen Nachlassgegenstände vor, hat sich die Erbengemeinschaft auf eine bestimmte Nachlassteilung zu einigen.

Hierfür bedarf es vorab einer genauen Bestandsaufnahme und Bewertung der einzelnen wirtschaftlichen Posten.

Die Bewertung hinterlassener Vermögensposten bereitet dabei oftmals Schwierigkeiten. So tritt neben dem reinen Geldwert in vielen Fällen die ideelle Bedeutung einer bestimmten Nachlasssache (der Lieblingsschmuck der Mutter, das Sommerhaus voller Kindheitserinnerungen).

Hier empfiehlt sich ein ehrlicher Austausch darüber, wer Interesse an welchem Gegenstand hat bzw. wer am ehesten befähigt ist, z.B. ein Familienunternehmen weiterzuführen oder eine Immobilie zu nutzen und die anderen Miterben auszuzahlen. Gegenstände, die das gemeinsame Interesse mehrerer Miterben wecken, können entweder weiterhin gemeinschaftlich genutzt oder aber – im äußersten Falle – auch nach dem Zufallsprinzip, etwa durch Verlosung, zugeteilt werden.

Was passiert, wenn sich die Miterbenden bei der Teilung nicht einig werden?

Der oder die Erblassende kann auch präventiv die Aufteilung durch einen Testamentsvollstrecker, eine Testamentvollstreckerin anordnen. Die Miterben können bei der Aufteilung eine Vermittlung durch das jeweils zuständige Nachlassgericht veranlassen, um eine Einigung unter den Miterben herbeizuführen. Sind die Fronten verhärtet, steht der Gerichtsweg mittels Erbteilungsklage offen. Hierfür bedarf es eines vorherigen detaillierten Teilungsplans und der Teilungsreife des Nachlasses. Immobilien müssen also vorher etwa durch Teilungsversteigerung liquidiert worden und Nachlassschulden beglichen sein. Die Miterben werden bei Erfolg dieser Klage zur Zustimmung zum Teilungsplan verurteilt.

Problem des Auseinanderfallens von Nachlasswert und Erbteilsquote

Hat der/die Erblasser:in letztwillige Verfügungen über die Verteilung bestimmter Nachlassgegenstände getroffen, tritt nicht selten der Fall ein, dass der Wert des konkret Zugedachten und die gesetzlich oder individuell festgelegte Erbquote nicht mehr übereinstimmen.

Besteht das Vermögen der Erblasserin beispielsweise wertmäßig zur Hälfte aus einer Immobilie, die aufgrund der Teilungsanordnung nur einem ihrer vier nebeneinander zu gleichen Teilen erbenden Kinder zukommen soll, übersteigt der Wert der Immobilie die Erbquote des Kindes um ¼.

Für diese Konstellation sieht die Rechtsprechung zwei unterschiedliche Lösungswege – je nach Auslegung der letztwilligen Verfügung gemäß dem Erblasserwillen – vor. Soll die Gleichberechtigung der Miterb:innen trotz der Zuwendung des im Verhältnis zur Erbquote wertmäßig höheren Nachlassgegenstandes an einzelne Miterb:innen beibehalten werden, haben diese an die anderen Miterb:innen einen entsprechenden Ausgleich bzw. eine Abfindung zu zahlen. Das um die Immobilie bereicherte Kind hätte im Beispielsfall also das die Erbquote übersteigende Viertel als Ausgleich an die Erbengemeinschaft zu zahlen.

Soll der oder die Bedachte im Verhältnis zu den anderen Erbenden jedoch wertmäßig tatsächlich mehr erhalten, ist die Zuwendung des einzelnen Nachlassgegenstandes als sogenanntes Vorausvermächtnis zu qualifizieren. Dieses stellt eine schuldrechtliche Forderung des Miterben oder der Miterbin gegen die Erbengemeinschaft dar, die vor der Auseinandersetzung als Nachlassverbindlichkeit beglichen werden muss. Allein der hiernach verbleibende Rest wird dann im Wege der Auseinandersetzung entlang der entsprechenden Erbquoten verteilt.

In unserem Fall würde die Immobilie also vorab aus der Erbmasse zugunsten des bedachten Kindes ausgekehrt und der verbliebene Rest unter den Miterbenden paritätisch verteilt. D.h. ein Kind würde im Ergebnis wertmäßig 50 % des Nachlasses vorab und dann noch einmal 12,5 % der verbliebenen Erbmasse erhalten, die restlichen drei Kinder lediglich 12,5 %.

Abschließender Hinweis

Nicht nur der oder die Erblassende, sondern auch potentielle Erbende sollten sich also bereits vor dem Erbfall mit den Abläufen der Verwaltung und Verteilung eines gemeinschaftlich ererbten Nachlasses auseinandersetzen. In der Regel wird auch bereits vor dem Erbfall bekannt sein, welche Personen den Kreis der Miterbenden bilden. Wie immer im Themengebiet Nachlass und Erbe empfiehlt sich also weitsichtiges Denken!

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